Quelle: Weiterbildungsblog
Autor: jrobes
In jüngster Zeit kam es hin und wieder vor, dass ich den Begriff und die Sache „E-Learning“ erklären musste. Die Basics also. Manchmal versuche ich es dann über unsere Alltagserfahrungen zu lösen und weise auf YouTube-Filme und das Sprachenlernen mit Babbel hin. Manchmal versuche ich es über den Arbeitsalltag und die Begegnungen mit elektronischen Unterweisungen. Also Lernprogrammen bzw. Web-based Trainings, die im Kern aus Informationen – Texten, Bildern, Videos, Audios – und Lernerfolgskontrollen bestehen.
Szenenwechsel. Letzte Woche war ich wieder einmal im Frankfurter Städel-Museum. Die aktuelle Ausstellung hatte es mir angetan. Sie ist Victor Vasarely gewidmet („Im Labyrinth der Moderne“). Und natürlich bietet das große Städel interessierten Besuchern auch ein Online-Lernprogramm zur Ausstellung. Da Lernprogramm aber nicht besonders einladend klingt, ist es ein „Digitorial“, das einen tollen Überblick über Vasarely und sein Werk präsentiert.
Was soll das „Digitorial“ (der Begriff ist übrigens als eingetragene Marke gekennzeichnet!) leisten: „Das digitale Vermittlungstool bietet facettenreiche Einblicke mit informativen Texten, unterhaltsamen Audiosequenzen und jeder Menge Bilder. Anhand dieser innovativen Darstellung, Erzählung und Vermittlung von Kunst können Sie sich bestens auf Ihren Besuch vorbereiten – ob zu Hause, im Café oder auf dem Weg ins Städel.“
Aus formaler Perspektive ist ein Digitorial ein sogenannter OnePager. Alle Informationen sind auf einer Seite. Der Nutzer scrollt in der Vertikalen, zwischendurch mal in der Horizontalen, dann gibt es Vertiefungen, über die man Hintergrundinformationen oder weitere Medien aufruft. Alles sehr explorativ. Große Bilder und wechselnde Farben (beim Opt-Art Künstler Vasarely natürlich ein Muss) stehen im Vordergrund. Sogar längere Texte fallen nicht unangenehm auf, weil ich sie als Nutzer selbst aufrufen und schließen kann.
Auf die Frage, was also ein formales E-Learning ist, würde ich heute mit der bekannten Unterweisung beginnen, um dann ganz schnell zu einem Digitorial zu kommen. Aber wenn ich schon einmal den Bogen zum Städel gespannt habe: Auf der Homepage des Museums gibt es vier zentrale Bereiche: Besuch, Museum, Sammlung und Online. Was steckt nun alles hinter „Online“? Die ständige Sammlung des Städels ist zum Beispiel in verschiedenen Online-Alben organisiert. Dann die Digitorials. Dann Apps zu den aktuellen Ausstellungen, so dass ich mir vor Ort zu einzelnen Werken Vasarelys weitere Informationen anhören kann. Natürlich einen Newsletter. Natürlich ein offenes WLAN im Museum. Vernetzungen mit den bekannten sozialen Netzwerken. Und das sind nur die Dinge, die mir auf der Homepage aufgefallen sind.
Bleibt jetzt noch die Frage, wie diese Angebote und der Besuch vor Ort zusammenspielen. Irgendwie sind es Angebote, die heute sicher viele Kunstinteressierte erwarten, die aber zugleich niemanden davon abhalten, trotzdem das Museum aufzusuchen. Oder vielleicht ist es sogar umgekehrt, und die Besucher werden durch solche Angebote angezogen? Welchen Einfluss haben diese Angebote eigentlich auf die Ausstellung selbst? Welche Gedanken macht man sich über den „Mehrwert“ des Museumsbesuchs ? Und dann ist das Ganze in Frankfurt noch eingebettet in eine Museumslandschaft und ein Stadterlebnis, bei denen heute mehr und mehr offline und online zusammenspielen … Aber das sind Punkte für später.
Bildquelle: Simsalabimbam (Wikipedia, CC BY-SA 3.0)