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20Jul/17

„Fachinformation offen, digital, vernetzt“ – Fachtagung am 28. Juni 2017

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

Die Präsentationen zu den Vorträgen bei der Jubiläumstagung 25 Jahre FIS Bildung

19Jul/17

„Wir sind das Schaufenster für die OER-Aktivitäten in Deutschland“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

Open Educational Resources (2)

Ingo Blees und Luca Mollenhauer von der Informationsstelle OER

INTERVIEW mit Ingo Blees und Luca Mollenhauer, die mit der Informationsstelle OER, kurz: OERinfo, dafür sorgen, dass Open Educational Resources (OER) nachhaltig in der deutschen Bildungslandschaft verankert werden. Gemeinsam mit den sechs Projektpartnern kümmern sie sich um die Vernetzung der vielen verschiedenen Akteure und sorgen dafür, dass der Umgang mit OER in Schule, Berufsbildung, Erwachsenenbildung und Hochschule einfacher und selbstverständlicher wird. OERinfo ist seit November 2016 beim DIPF – genauer gesagt, beim Deutschen Bildungsserver – in Frankfurt am Main angesiedelt.

Ingo, Luca, was genau macht Eure Arbeit in der Informationsstelle OER aus?

Ingo Blees: Wir koordinieren die Arbeitsbereiche der insgesamt sieben Projektpartner von OERinfo – das sind das Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB), die Agentur Jöran & Konsorten, der Deutsche Bildungsserver, das Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE), das FWU, das Medieninstitut der Länder, das LearningLab am Campus Duisburg-Essen mit dem Verbund E-Learning NRW und die OER World Map des NRW-Hochschulbibliothekszentrums. Zusammen mit den Querschnittsprojekten JOINTLY und den OERCamps 2017 unterstützen wir die Netzwerkbildung der Projekte der BMBF-Förderlinie zu OER. Auch die Berichterstattung vor, während und nach den OERCamps ist Aufgabe der Informationsstelle – sie ist der Medienpartner für die Camps.

Grafik: Struktur der Informationsstelle OER

Struktur der Informationsstelle OER

Luca Mollenhauer: Ich bin bei den Workshops des Verbundprojekts Jointly aktiv dabei und versuche in Arbeitsgruppen die Aktivitäten mitvoranzubringen. Die Aufgabe von Jointly ist es unter anderem, die 24 weiteren Projekte der OER-Förderlinie des BMBF dabei zu unterstützen, die Akteure und Multiplikatoren in den verschiedenen Bildungsbereichen für Open Educational Resources zu sensibilisieren und zu qualifizieren. Das funktioniert über Workshops und über eine gemeinsame Kollaborationsplattform, an der sie gemeinsam an ihren Projekten arbeiten. Unser Part ist es, die Projektfortschritte und Meilensteine zu präsentieren – Videos, neu entwickeltes Material oder auch Veranstaltungen. Während Jointly für den „Maschinenraum“ zuständig ist, übernehmen wir von OERinfo den Part des „Schaufensters“. Und über die große Community, die Jöran & Konsorten mit der vorherigen Transferstelle OER begründet haben, haben wir natürlich eine ziemlich große Reichweite.

Wie ist denn die Resonanz auf Eure Arbeit?

Ingo Blees: Über den Blog kriegen wir einiges aus der Community mit – seien es direkte Kommentare auf Beiträge, Fragen zu Lizenzierungen einzelner Projekte oder auch Nachfragen nach Experten zu bestimmten Themen.

„Interessant und abwechslungsreich sind insbesondere die vielseitigen Anfragen für Tagungen und Konferenzen“

Wir bekommen Referentenanfragen von Hochschulen, zum Beispiel dem Hamburger Campus Innovation, oder von Forschungseinrichtungen wie dem Georg Eckert-Institut, das Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung. Für die Kollegen dort sind Entwicklungen von freien Bildungsmaterialien wie Open Educational Resources, die klassische Schulbücher ergänzen oder gar ersetzen könnten, eine spannende Sache. Bei einem Kolloquium der Nationalen Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung waren Susanne Grimm vom BIBB und Jan Koschorreck vom DIE in ihrer Funktion als Transferpartner von OERinfo zu einer Session eingeladen. Und ganz aktuell hat uns das BMBF jetzt gebeten, den aktuellen Diskurs und die Entwicklungen zu OER in Deutschland auf dem OERWorld-Kongress 2017 im September zu präsentieren. Da geht es zwar weniger um die Arbeit der Informationsstelle, aber das Bildungsministerium greift natürlich auf unsere Expertise zurück.

Zurzeit arbeitet Ihr intensiv am Relaunch der neuen Website von OERinfo?

Luca Mollenhauer: Allerdings! Wir sind kurz davor mit der neuen Website online zu gehen, der Launch wird jetzt im Sommer stattfinden, im Moment ist noch der technische und redaktionelle Feinschliff dran. Die letzten Monate haben wir sehr intensiv am Design und an der Struktur des neuen Auftritts gearbeitet – in ständiger Rückkopplung mit allen Projektpartnern und gestützt auf die langjährige Erfahrung der Redaktion der vormaligen Transferstelle OER.

Logo der Informationsstelle OER

Ingo Blees: Die redaktionelle Arbeit – also die Contentproduktion – liegt bei der Agentur. Die vier Transferpartner aus Schule, Hochschule, Berufsbildung und Weiterbildung konzentrieren sich jeweils auf ihre Bildungsbereiche; sie erarbeiten Dossiers zum aktuellen Stand von OER, recherchieren und dokumentieren Best Practice-Beispiele und verbreiten alles über ihre Kommunikations- und Publikationskanäle in ihre Communities. Wir führen das dann auf der Website von OERinfo zusammen, das bedeutet natürlich entsprechenden Kommunikations- und Koordinationsaufwand.

Könnt ihr schon was über die Struktur verraten?

Luca Mollenhauer: Die einzelnen Bildungsbereiche werden prominenter platziert und auch mehr Raum bekommen. Nach dem Launch werden die Transferpartner ihre Inhalte selbständig einspeisen können – es wird in Teilen ein dezentrales System werden.

Ingo Blees: Der Fokus wird auf der Praxisorientierung liegen. Das Contentbuffet von Jointly wird man direkt ansteuern und durchsuchen können. Wir werden eine erweiterte Materialsammlung haben und erklärte Einsteigerbereiche sowie Vertiefungsbereiche für Spezialisten. Die Bildungsbereiche und Praxiskategorien sind in Form eines Wegweiser-Systems aufgebaut und sollen einen leichten Einstieg und eine gute Orientierung bieten.

Screenshot OER World Map

Die OERde-Karte soll – analog zur OER World Map – mit virtuellen Netzwerkfunktionen, die die OER-Community und –Landschaft in Deutschland abbilden soll.

Luca Mollenhauer: Und dann arbeiten wir auch noch an der OERde-Karte (Anm. d. Red.: gesprochen Örde-Karte). Das ist eine Deutschland-Karte mit virtuellen Netzwerkfunktionen, die die OER-Community und –Landschaft in Deutschland abbilden soll. Erstellt wird sie vom Hochschulbibliothekszentrum NRW, das auch schon die OER World Map entwickelt hat. Auf die Gegebenheiten in Deutschland zugeschnitten, wird sie in die neue Website integriert sein.

Die Koordination und Dokumentation der Arbeiten in der Informationsstelle scheinen Hand in Hand zu gehen?

Ingo Blees: Ja, im Grunde versuchen wir über die Informationsstelle die OER-Aktivitäten zu koordinieren und zu dokumentieren. Wir sehen uns als Katalysatoren der verschiedenen Ansätze und versuchen das Spielfeld für die OER-Akteure genauer zu kartographieren.

„Wir nehmen keine Steuerungsfunktion wahr, wir möchten das Thema nach vorne bringen und andere im Umgang mit OER befähigen.“

Die OERde-Karte ist ein gutes Beispiel dafür, wie Vernetzungen zwischen Akteuren – das können Personen, Institutionen, Projekte oder auch virtuelle Services und Termine sein – herausgearbeitet werden können. Jedes der 24 OER-Projekte hat einen eigenen Eintrag in der Karte mit Projektbeschreibung, der Institution, die es betreibt, den verantwortlichen Personen und den Veranstaltungen; neben den Projekten sind auch Institutionen, Personen und Veranstaltungen als jeweils eigene Instanzen repräsentiert, die zueinander in vielfältigen Beziehungen stehen können. So entsteht ein sich weiter verdichtendes Netzwerk, mit dessen Hilfe man sich durch die gesamte OER-Szene navigieren kann.

Eine Frage zum Schluss: Wo liegt für Euch der Reiz von Open Educational Resources?

 Ingo Blees: OER sind natürlich nur eine kleine Facette des gesamten Openess-Panoramas, zu dem auch Open Access, Open Content oder Open Data gehören. Aber ihre sehr spezifische Ausrichtung ermöglicht es, dass OER relativ schnell und direkt in Bildungszusammenhängen eingesetzt werden können. Bei der derzeitigen Urheberrechtslage kommt man mit ihnen einfach am schnellsten weiter: Man kann rechtssicher Elemente herausnehmen, sie neu zusammenbauen, auf den eigenen Server oder auf den Schulserver stellen, mit Kollegen und anderen Schulen teilen.

„Der Umgang mit OER stärkt digitale Kompetenzen.“

Vor dem Hintergrund der BMBF-Strategie Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft kann zudem festgestellt werden, dass die Arbeit mit OER gut für den Aufbau von digitalem Verständnis und Wissen ist, also die digitalen Kompetenzen von Menschen stärkt, die in Bildung, Ausbildung und Fortbildung aktiv sind.

Luca Mollenhauer: Und um den notwendigen Transfer von Know-how in Bezug auf die richtigen Lizenzierungen kümmern wir uns ja in der Informationsstelle gemeinsam mit allen 24 Projekten der OER-Förderlinie. Und dass das funktioniert zeigen die OERCamps: Mehr als 50% der Teilnehmenden geben an, vorher mit dem Thema OER noch nicht in Berührung gekommen zu sein. Für uns ist das ein Indiz dafür, dass wir dazu beitragen, das Thema bekannter zu machen.


Lesen Sie auch:

Open Educational Resources (1): „Auf Dauer wird der Mehrwert von Open Educational Resources bei den Lehrkräften ankommen.“ Interview mit Margret Groß-Hardt (Landesbildungsserver Rheinland-Pfalz) und Burkhart Firgau (Landesbildungsserver Baden-Württemberg

29Jun/17

„Eine zentralistische Struktur hätte politisch überhaupt nicht umgesetzt werden können.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (7)

Peter Schermer, ehemals Hessisches Kultusministerium


INTERVIEW
mit Peter Schermer, der in den 90er Jahren im hessischen Kultusministerium maßgeblich die Einrichtung des Fachinformationssystems Bildung vorangetrieben hat. Im Rahmen seiner Arbeit war er in der noch bis 2007 existierenden Bund-Länder-Konmmission sehr aktiv. Unter anderem auch, um den Modellversuch eines Fachinformationssystems für den Bildungsbereich politisch durchzusetzen. Mit Peter Schermer sprachen wir über die bildungspolitische Atmosphäre dieser Zeit, die politischen Hintergründe, die schließlich zum Modellversuch FIS Bildung führten, und darüber, wie das föderale Bildungssystem Deutschlands die Struktur eines Fachinformationssystems prägte.

 

 

Herr Schermer, wie kam es 1992 zur Entscheidung ein Fachinformationssystem Bildung zu schaffen?

Die Informations- und Dokumentationsszene im Bildungswesen war Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre recht lebendig: Hartmut Müller, der ehemalige Leiter der Frankfurter Forschungsbibliothek, hatte in dem von ihm initiierten Dokumentationsring Pädagogik, auch DOPAED genannt, bereits alle wesentlichen Akteure und Institute versammelt. So gesehen gab es bereits eine Struktur, an die wir in Teilen anknüpfen konnten. Mein Verdienst bestand darin, ein Fachinformationssystem Bildung als Modellversuch überhaupt erst zu ermöglichen. Mit dem 25. Geburtstag dieses Jahr werden im Grunde 20 Jahre Regelbetrieb und fünf Jahre Modellversuch (von 1992-1996) gefeiert. Modellversuche waren übrigens ein ganz hervorragendes Instrument, weil man nach einer Auswertungsphase entscheiden konnte, ob ein Projekt weitergeführt wird.

Was war das Besondere an diesem Modellversuch?

Die Einführung von Fachinformationssystemen in allen Wissenschaftsbereichen wurde eigentlich schon in den 70er Jahren auf Bund-Länder-Ebene beschlossen. Die großen Projekte in den Naturwissenschaften haben den Anfang gemacht. Damals konnte man überhaupt nicht ahnen, welche technischen Möglichkeiten sich später daraus ergeben würden. Mit dem Fachinformationssystem Bildung waren wir also relativ spät dran. Aber das eigentlich Besondere ist nicht, dass es neu aufgebaut worden ist, sondern seine Struktur: Es ist das einzige Informationssystem, das 30 oder 40 bestehende Dokumentationseinrichtungen und –stellen zusammengeführt hat. Dieser völlig andere Ansatz hat natürlich mit den föderalen Strukturen in der Bildungspolitik zu tun. Eine zentralistische Struktur hätte politisch überhaupt nicht umgesetzt werden können.

Föderale Struktur heißt also, aus jedem Bundesland liefert eine Dokumentationseinrichtung ihre Datensätze in das zentrale Fachinformationssystem?

Nein, denn in den Ländern war die Situation im Hinblick auf die Dokumentation völlig unterschiedlich. Und zugeliefert haben immer um die 30 Institute, bis heute kommen die aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen wie etwa der Kirche oder den Hochschulen. Bei der ersten Tagung waren 40 Vertreter aus unterschiedlichen Instituten anwesend, viele davon mit einer Haltung, die man als „Abwehrinteresse“ bezeichnen kann: „Mal schauen, was die da machen, wir machen weiter wie bisher.“ Dazu kommt, dass die kooperierenden Institute und Einrichtungen alle sehr unterschiedlich ausgestattet waren – fachlich, sachlich und personell. FIS Bildung ist bis heute darauf angewiesen, was die Partnereinrichtungen liefern.

Und welche Schwierigkeiten gab es zu überwinden?

Dass FIS Bildung ans DIPF gekommen ist, war in großen Teilen tatsächlich mein Werk – da bin ich auch ein bisschen stolz drauf (lacht). Da gab es schon Begehrlichkeiten, denn eine solche zentrale Dokumentationsstelle wollten auch andere Institutionen und die Bundesländer bei sich verankern. Dazu kamen die zwei politischen Lager, die es – heute schwer vorstellbar – in den 90erJahren in Deutschland noch gab: Auf der einen Seite die SPD, die für sich in Anspruch nahm, fortschrittlich zu sein, und auf der anderen Seite eine eher konservative, durch die CDU verkörperte Haltung. Die Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen der verschiedenen Bundesländer selbst waren nicht so sehr das Problem, aber auf der Bund-Länder-Ebene haben die Kollegen natürlich immer eine politische Haltung vertreten. Für die Bayern war es damals kaum vorstellbar, dass die als links geltenden, roten Hessen ein Fachinformationssystem Bildung bekommen sollen. Da konnte man nur durch vertrauensbildende Maßnahmen entgegenwirken. Nach und nach merkten aber alle Ländervertreter in der BLK, dass mit diesem Modellversuch nichts exekutiert, sondern nur koordiniert werden sollte.

Der letztlichen Entscheidung gingen also viele Diskussionen voraus?

Ja, das kann man so sagen! Es hat schon recht vieler Anstrengungen bedurft, bis der Modellversuch endlich bewilligt wurde. Die übliche Förderzeit damals lag bei drei Jahren, danach gab es dann noch eine Verlängerung um weitere zwei. Wir hatten also insgesamt fünf Jahre Zeit, das Modell zu entwickeln, auf die Beine zu stellen und zu erproben. Und mit den 3,5 bewilligten Personalstellen war dann auch sehr schnell klar, dass keine eigenständige Dokumentation geleistet werden kann, sondern nur eine Koordination bestehender Dokumentationsstellen möglich ist. Um all diese Institute mit jeweils eigenen Vorstellungen zusammenzubringen, war schon sehr viel Fingerspitzengefühl und Verständnis notwendig. Ich bewundere es noch immer, wie Alexander Botte und Doris Bambey es in dem schwierigen Feld geschafft haben, alle Beteiligten davon zu überzeugen, eine CD-ROM zu produzieren (Anm. der Red.: Die CD-ROM wurde zu Beginn der Nullerjahre dann vom Fachportal Pädagogik mit integrierter FIS Bildung Literaturdatenbank abgelöst). Neben der rein fachlichen Aufgabe war das zweifellos eine großartige Leistung. Aber spätestens mit der Umstellung von reinen Bibliographien auf eine CD-ROM war allen Beteiligten klar, dass sie nur profitieren konnten! Rückblickend ist es ein toller Erfolg, dass deren Verkauf an Universitäten und viele andere Einrichtungen sogar noch Erlöse erzielt hat! Für die Zukunft wünsche ich der FIS Bildung Literaturdatenbank, dass der Verbund auch weiterhin so gut und erfolgreich zusammenarbeitet wie bisher!

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Herr Schermer!


Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver


In dieser Reihe auch veröffentlicht:

28Jun/17

„Literaturinformationssysteme müssen einfacher, handhabbarer werden.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (6)

Eva Elisabeth Kopp, Fachreferentin für Psychologie, Bildungs- und Sozialwissenschaften an der SULB Saarbrücken


FRAGEN AN
Eva Elisabeth Kopp, Fachreferentin für Psychologie, Bildungs- und Sozialwissenschaften an der SULB Saarbrücken und Mitglied der Kommission für Fachreferatsarbeit im Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare. Wir sprachen mit ihr über Fachinformationssysteme im Allgemeinen und die Informationskompetenz der Studierenden im Besonderen.

 

 

 

 

Frau Kopp, was macht eigentlich eine Fachreferentin einer Universitätsbibliothek?

Ich betreue den zentralen Bibliotheksbestand für die Fächer Bildungswissenschaften, Psychologie und Sozialwissenschaften und schule Studierende im Umgang mit unseren Datenbanken und Informationsangeboten; darunter natürlich auch die FIS Bildung Literaturdatenbank und das Fachportal Pädagogik.

Was muss ein Fachinformationssystem aus Ihrer Sicht leisten?

Aus Sicht der Studierenden wäre sicherlich ein Informationssystem hilfreich, das zentral alle Literaturnachweise, Volltexte mittels Authentifizierung und Weblinks zu einem Fachgebiet bzw. Thema bereitstellt, und dazu noch Kontakte zu Experten vermittelt, denen man direkt Fragen stellen kann. In den jetzigen Systemen sind ab und an einige Hürden zu überwinden, die eigentlich nur für den Informationsexperten Routine sind.

Zum Beispiel?

Die vielen Ausnahmen, auf die man bei einer Recherche in ein und demselben Informationssystem stößt, sind oft schwer zu vermitteln: Bei dem einen Datensatz kommt man an der einen, beim anderen an einer anderen Stelle nicht weiter. Es sind Systeme, die sich aus verschiedenen Quellen speisen, und es ist viel Koordinationsaufwand notwendig, um ein solches Informationssystem einzurichten und zu pflegen. Und dann besteht ja auch die Notwendigkeit, sich dem aktuellsten Nutzerverhalten anzupassen. Dort zu sein, wo der Nutzer ist und nicht darauf warten, dass man gefunden wird. Ich finde, die Literaturinformationssysteme müssen einfacher, handhabbarer werden. Dann stelle ich auch immer wieder fest, dass Angebotsstrukturen entwickelt werden, die es an anderer Stelle bereits gibt. Zum Beispiel finde ich es unsinnig, dieselbe Zeitschrift in unterschiedlichen Datenbanken auszuwerten. Das ist zeit- und kostenintensiv, und der Nutzer weiß irgendwann nicht mehr, welche Datenbank welches Profil hat, und worin der Mehrwert seines Fachinformationssystems besteht. Studierende kann das sehr verwirren. Aber viele Fachinformationssysteme sind da auf einem guten Weg. Ich weiß, wie viel Arbeit sich dahinter verbirgt.

Wie ist es um die Informationskompetenz der Studierenden bestellt?

In unseren Seminaren zeige ich den Studierenden unser Wissensportal, in dem unsere Bestände und die lizenzierten elektronischen Ressourcen eingebettet sind. Über DBIS führe ich sie auch in die Welt der frei verfügbaren Quellen ein. Dazu gehört auch die FIS Bildung Literaturdatenbank. Da Studierende auch oft von zu Hause recherchieren – sie loggen sich mit ihrer Kennung ein und können so die elektronischen Ressourcen nutzen – erkennen sie den Unterschied zwischen einer freien und den von der SULB  lizenzierten Quellen oft gar nicht. Letztlich ist ihnen das auch gleichgültig. Denn in Zeiten schneller Credit Points und kurzer Studienzeiten zählt eigentlich nur der direkte Weg zum Volltext. Deshalb sind Volltextdatenbanken oder Datenbanken mit direkter Verknüpfung zu den von uns lizenzierten Inhalten oder eben zu frei zugänglichen Quellen sehr attraktiv. Die Informationskompetenz ist ein wichtiges Thema. Da kann man nicht zu viel schulen, da sich ja auch vieles rasch ändert.

Die Schulungen sind also sinnvoll?

Auf jeden Fall! Im Zusammenspiel mit Fachbereich und Studienplan sind wir gefragt. Aber es zeigt sich, dass es immer schwieriger wird, in den Bachelor- und Masterstudiengängen ergänzende Veranstaltungen zur Informationskompetenz überhaupt zu platzieren. Die Studenten kommen meist schon mit einer überschaubaren und vordefinierten Anzahl erwünschter Quellenangaben für ihre Referate und Hausarbeiten. In weitergehenden Recherchen oder weiter gefassten Schlagworten sehen sie eigentlich gar keinen Sinn. Und das, obwohl wir als Universitätsbibliothek ein großes Spektrum an Modulen zur Vermittlung von Informationskompetenz anbieten: Wie nutze ich den zentralen Bibliothekskatalog? Wie recherchiere ich in dieser oder jener Datenbank? Wenn Studierende dann mit einem ganz konkreten Thema kommen, recherchiere ich natürlich mit ihnen in der jeweiligen Fachdatenbank – zum Beispiel in der FIS Bildung Literaturdatenbank – und zeige, wie sich Themenaspekte noch weiter präzisieren lassen. Da die Forschung an der Uni Saarbrücken recht psychologielastig ist, sind eher englischsprachige Volltexte gefragt als die FIS Bildung Literaturdatenbank.

Wenn Sie sich noch was von einem Fachinformationssystem wünschen könnten – was wäre das?

Webinare, mit denen in einer halben Stunde am Bildschirm die Struktur und die wesentlichen Funktionen mitsamt Hilfen noch einmal präsentiert und erklärt werden. So etwas finde ich richtig gut, weil ich da mein Wissen immer wieder auffrischen kann – ohne große Hürden.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Kopp!


Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver


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27Jun/17

„Über die FIS Bildung ist unser Angebot auch in den Bibliotheken der Schweizer Hochschulen bekannt geworden.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (5)

Michel Rohrbach, Leiter des Informations- und Dokumentationszentrum (IDES), Schweiz


FRAGEN AN Michel Rohrbach, Leiter des Informations- und Dokumentationszentrum (IDES) der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), dem schweizerischen Pendant zur deutschen Kultusministerkonferenz. Aufgabe von IDES ist es, das föderale Bildungswesen in der Schweiz mit seinen 26 Kantonen zu dokumentieren. Das Akronym, das übrigens in allen vier Schweizer Landessprachen sowie in Englisch funktioniert, steht für „Information Dokumentation Erziehung Schweiz“. Mit Michel Rohrbach sprachen wir über die Bedeutung der FIS Bildung Literaturdatenbank aus Schweizer Perspektive.

 

 

 

Herr Rohrbach, seit wann besteht die Kooperation zwischen IDES und dem Fachinformationssystem Bildung?

Der Vertrag mit FIS Bildung wurde formal 1998 geschlossen, aber wir waren schon vorher am FIS-Verbund beteiligt. „Ordentliches Mitglied“ sind wir also seit genau 19 Jahren. Ähnlich wie das Dokumentationszentrum der KMK richtet sich IDES mit seiner Arbeit eher an der Bildungspolitik und Bildungsverwaltung aus als an der Bildungsforschung. Durch die Führung des Dokumentenservers edudoc.ch und die dadurch entstandene Zusammenarbeit, tragen wir aber auch dazu bei, die Fachliteratur von Einrichtungen der Schweizer Bildungsforschung und Erziehungswissenschaft zu sammeln und zu dokumentieren; dazu gehören beispielsweise die Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) oder die Stiftung Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik (SZH). Beide sind übrigens auch Mitglied im FIS Bildung-Verbund.

Welches Segment an Fachliteratur deckt IDES an der FIS Bildung Literaturdatenbank ab?

IDES dokumentiert hauptsächlich die Strukturen und Entwicklung der Bildungssysteme in den Kantonen der Schweiz, deren Schulgesetzgebung und andere Regelungen. Aber aufgrund der Zusammenarbeit über den Dokumentenserver mit der SKBF und anderen Einrichtungen liefern wir auch Datensätze, die mit Bildungsforschung zu tun haben, etwa Artikel einschlägiger Journals und Monographien. Über diesen Weg können wir die Fachliteratur zur gesamten Bildungsforschung in der Schweiz an die FIS Bildung liefern.

Was haben sie als Schweizer Informations- und Dokumentationszentrum von der Kooperation?

Wir haben von der Zusammenarbeit immer extrem profitiert! Zum einen haben wir über die Mitarbeit an der FIS Bildung Literaturdatenbank die Möglichkeit, unser Angebot auch an den Bibliotheken der Hochschulen und den Instituten für Bildungsforschung und Erziehungswissenschaften bekannt zu machen. Zum anderen macht der regelmäßige Austausch an den Tagungen die Kooperation für uns so attraktiv – dort werden viele für uns relevante Themen behandelt. Ein paar Beispiele: Zu Beginn unserer Zusammenarbeit gab es viele Diskussionen über die Evaluation von IuD-Einrichtungen (Anm. der Red. Information und Dokumentation) in Deutschland. In der Schweiz haben wir zwar ein anderes System der Finanzierung, aber für uns war es sehr wichtig zu sehen, wie sich die deutschen Einrichtungen präsentieren und positionieren: Was machen wir eigentlich genau? Wo liegen unsere Stärken? Auch wenn wir solchen Evaluierungsprozessen nicht unterliegen, haben wir in unserer Arbeit von diesen Überlegungen sehr profitiert. Ein anderer Punkt sind die technischen Entwicklungen: Wir waren in der Schweiz zwar anfangs schneller, weil wir uns in der Lage befanden, selber einen Dokumentenserver mit vergleichsweise wenig finanziellen Mitteln aufzubauen, wurden dann aber schnell überholt von den deutschen Einrichtungen – sie bekamen mehr Mittel und konnten die technische Entwicklung deshalb besser vorantreiben. Und aktuell werden Fragen rund um Forschungsdaten erörtert: Wo und wie können sie eingebettet werden? In welchem Zusammenhang stehen sie mit den Literaturinformationen? Auch das sind für uns relevante Entwicklungen, an denen wir als IDES sonst nicht teilhaben könnten, weil wir nicht im universitären Bereich aktiv sind und uns darum die Anknüpfungspunkte fehlen.

Wie wird die FIS Bildung Literaturdatenbank in der Schweiz wahrgenommen?

Für mich als Schweizer ist es interessant zu sehen, wie die Strukturen der finanziellen Förderung in Deutschland ausgestaltet sind. Zu verfolgen, wie Projekte beantragt werden, welche bewilligt und umgesetzt werden – und welche Entwicklungen daraus erwachsen oder eben auch nicht. Und natürlich ist die FIS Bildung Literaturdatenbank aufgrund ihrer Größe einfach bekannter. Deshalb konnte sie uns auch Türen in den universitären Bereich öffnen; IDES und FIS Bildung ergänzen sich gut. Zum Studienbeginn werden den Studierenden in der Schweiz alle wichtigen nationalen und internationalen Informationssysteme vorgestellt, neben den beiden genannten auch internationale Datenbanken wie ERIC und andere. Allerdings ist es schwer zu sagen, wie stark die Angebote am Ende wirklich genutzt werden.

Was schätzen Sie am FIS Bildung-Verbund – und was wäre aus Ihrer Sicht noch wünschenswert?

Was ich schön finde ist, dass die Leute bei FIS schon lange dabei sind. Dadurch ist der Austausch sehr offen, unkompliziert und von Kontinuität geprägt. Das schätze ich wirklich sehr, und ich gehe auch weiterhin sehr gern zu den Tagungen! Was ich mir noch wünschen würde? Vielleicht einen Austausch mit Kollegen aus anderen benachbarten europäischen Ländern, Italien oder Frankreich wäre interessant. Es könnte von Nutzen sein, sich da noch weiter zu öffnen.

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Herr Rohrbach!


Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver


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26Jun/17

„Die FIS Bildung Literaturdatenbank unterstützt die Vernetzung von Fachdidaktikern.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (4)

Dr. Friederike Korneck


FRAGEN AN
Dr. Friederike Korneck Akademische Oberrätin am Institut für Didaktik der Physik der Universität Frankfurt und Mitglied des Vorstands der Gesellschaft für Fachdidaktiken (GFD). Für sie ist die FIS Bildung Literaturdatenbank ein unentbehrliches Instrument für den wechselseitigen Austausch und die Zusammenarbeit innerhalb der Fachdidaktik-Community mit ihren 22 Unterrichtsfächern und mindestens ebenso viele Einzelgesellschaften für Fachdidaktik.

 

 

 

 

Frau Dr. Korneck, wie hängen die Gesellschaft für Fachdidaktiken und die FIS Bildung Literaturdatenbank zusammen?

Wir sind sehr froh, dass sich das FIS Bildung-Team für die Literatur aus den vielen verschiedenen Fachdidaktiken engagiert und dafür sorgt, dass sie in der Literaturdatenbank gut vertreten sind. Mit knapp 20.000 Nachweisen ist das Angebot an fachdidaktischer Literatur auch sehr groß. Die FIS Bildung ist für uns so wichtig, weil wir uns hier über die Forschungsideen und -methoden unserer Kollegen informieren können und damit der wissenschaftliche Austausch über die Disziplinen hinweg möglich wird. Es gibt ja neben den fachspezifischen Anteilen immer auch Gemeinsames – und das nicht nur innerhalb der Naturwissenschaften. Gerade im didaktischen Bereich kann man gut fächerübergreifend voneinander lernen! Auf unserer Mitgliederversammlung Ende Mai zeigte sich, dass die FIS Bildung Literaturdatenbank unter den Fachdidaktikern der verschiedenen Disziplinen ein sehr wichtiges Rechercheinstrument ist.

Ist nicht auch die Sichtbarkeit innerhalb der Bildungsforschung wichtig?

Ja natürlich! Die Fachdidaktiken sind an den Universitäten– mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel die erziehungswissenschaftliche Fakultät in Hamburg – bei den jeweiligen Fächern angesiedelt und eben nicht bei den Erziehungswissenschaften. Diese räumliche Nähe zum jeweiligen Fach ist zwar eine gute Sache, aber sie erschwert den Austausch unter den Fachdidaktikern und mit den Bildungswissenschaftlern. Deshalb ist es wichtig, dass wir Fachdidaktiker z.B. bei den Tagungen der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF) auftreten und so dafür sorgen, dass unsere Forschungsergebnisse von der Community der empirischen Bildungsforschung wahrgenommen und anerkannt werden. Diese Vernetzung, die durch die Literaturdatenbank zusätzlich unterstützt wird, ist für uns wichtig.

Was könnte an der FIS Bildung aus Ihrer Sicht noch optimiert werden?

Schade finde ich, dass Artikel aus unterrichtspraktischen Zeitschriften häufig nicht online als pdf am eigenen Computer verfügbar sind. Oft kommt man an interessante Artikel nicht gut heran, entweder weil die Wege so lang sind, oder eine Zeitschrift in der Bibliothek eben nicht vorgehalten wird. Aber das ist eigentlich kein Problem der Literaturdatenbank, sondern der Verlage, die nicht so mitmachen, wie das für Wissenschaftler wünschenswert wäre. Dafür werden aber zukünftig  wichtige Open Access-Zeitschriften aufgenommen, das ist ein großer Vorteil.
Generell würden wir Didaktiker uns noch mehr graue Literatur wünschen wie Tagungsdokumentationen, Projektberichte oder auch Veröffentlichungen aus den Ministerien – das wäre ein echter Gewinn. Der Dokumentenserver pedocs wäre dafür genau der richtige Ort.

Und was finden Sie besonders gut?

Dass die Fachdidaktiken nicht nur bei der FIS Bildung Literaturdatenbank, sondern im gesamten Angebot des Fachportals Pädagogik so gut vertreten sind. Leider ist es nicht ganz übersichtlich, man muss immer verschiedene Stellen konsultieren: Die FIS Bildung, den Guide Bildungsforschung oder ProHabil – übrigens eine Datenbank, in der man sehr viele interessante Dissertationen und Habilitationen der Fachdidaktiken findet. Aber mit dem geplanten Relaunch wird die Nutzerführung ja deutlich verbessert werden. Und dann gibt es auch noch forschungsdaten-bildung.de, ein tolles Angebot! Hier habe ich vor einigen Monaten Forschungsdaten aus einem Projekt abgegeben – und von den Kollegen dort so viel Unterstützung erfahren, dass es am Ende kaum Arbeit für mich war. Und jetzt sind die Daten gut dokumentiert und können von anderen Wissenschaftlern gefunden und sogar zitiert werden. Ein großartiger Service, den ich wirklich jedem Kollegen empfehlen kann.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Dr. Korneck!


Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver


In dieser Reihe auch veröffentlicht:

22Jun/17

„Wir haben immer sehr von der fachlichen Expertise im FIS Bildung-Verbund profitiert“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (2)

Dr. Albrecht Schöll, ehem. Leiter des Zentralen Dienstes Information – Dokumentation – Bibliothek beim Comenius-Institut


FRAGEN AN Dr. Albrecht Schöll, der von 1986 bis 2014 Leiter des
Zentralen Dienstes Information – Dokumentation – Bibliothek des Comenius-Instituts war. Die evangelische Arbeitsstätte für Erziehungswissenschaft ist eine der fast 30 Partnereinrichtungen des FIS Bildung-Verbunds, die zur FIS Bildung Literaturdatenbank beitragen. Wir sprachen mit Herrn Schöll über die Zusammenarbeit mit dem FIS-Verbund und seiner Bedeutung für die teilnehmenden Partner.

 

 

 

 

Herr Dr. Schöll, das Comenius-Institut ist Partner der ersten Stunde im FIS Bildung-Verbund. Seit wann genau?

Ich erinnere mich noch, dass ich zu Beginn meiner Tätigkeit 1986 an Tagungen des „Dokumentationsrings Pädagogik“ teilgenommen habe, dem Vorgänger von FIS Bildung. Damals waren unter anderen noch mein Vorgänger Dr. Karl-Heinz Hochwald und der damalige Leiter der Frankfurter Forschungsbibliothek Hartmut Müller beteiligt. 1992 ist daraus dann der Verbund „Fachinformationssystem Bildung“ entstanden. Das Comenius-Institut war also wirklich von Anfang an dabei.

Welches Segment an Fachliteratur deckt das Comenius-Institut ab?

An die FIS Bildung-Datenbank liefern wir unsere Datensätze der religionspädagogischen Fachliteratur. Wir werten rund dreihundert Zeitschriften aus. Der Bereich der Religionspädagogik wird vollständig abgedeckt und natürlich bearbeiten wir auch noch allgemein die Bereiche Pädagogik, Soziologie und Psychologie. Die Lieferungen aus diesen Disziplinen übernehmen aber die Partner, deren Fachgebiet das ist.

Was verbinden Sie nach der über 25jährigen währenden Zusammenarbeit mit FIS Bildung?

Für mich waren die Tagungen des Verbunds immer am wichtigsten. Sie finden ja ein bis zwei Mal im Jahr statt und geben jedes Mal Impulse und Anregungen für die eigene Arbeit. Ich erinnere mich noch gut an Tagungen zu Beginn der Nullerjahre als die FIS-Kolleginnen und -Kollegen die automatische Indexierung von Schlagworten vorstellten. Sie kamen damals zum Ergebnis, dass dieses Verfahren die intellektuelle Erschließung nicht ersetzen würde. Für uns war das ein sehr wichtiger Hinweis, denn wir hatten lange überlegt, die automatische Erschließung einzusetzen, es daraufhin aber als Option ausgeschlossen. Von solchen fachlich fundierten Einschätzungen haben wir immer wieder profitiert. Andere für mich wichtige Themen waren die Nutzerorientierung in Fachportalen: Welche sind sinnvoll, welche nicht? Auch die Frage wie Informationsportale sinnvoll evaluiert werden können – und natürlich die Idee des „Open Access“. Wir haben recht früh damit begonnen, unsere wissenschaftlichen und anwendungsbezogenen Publikationen als frei verfügbare Volltexte auf unserem Server bereit zu stellen, auch gegen die anfängliche Skepsis manches Kollegen, dass dies auf Kosten der Printmedien gehen würde. Eine Sorge, die sich nicht bewahrheitet hat, weil sich beide Veröffentlichungswege oft ergänzen.

Wichtig ist also die informations- oder bibliothekswissenschaftliche Expertise im Verbund?

Ja, denn kleine Institute haben weder Zeit noch Personal, um solches Wissen zu erarbeiten oder aufbauen zu können. Neben dem engen Kontakt und Austausch mit dem FIS-Team war und ist aber auch der Erfahrungsaustausch innerhalb des FIS-Verbunds ganz wichtig. Als Dokumentationsstelle haben wir davon sehr profitiert, weil wir mit den kirchlichen Bibliotheken auch in Verbünden gearbeitet haben und unsere Erfahrungen fruchtbar umsetzen konnten. Über verschiedene Verbundstrukturen bieten wir mit unserem System und unseren Online-Angeboten rund 70 religionspädagogisch ausgerichteten Bibliotheken eine zentrale Infrastruktur. So ermöglichen wir beispielweise auch kleinen Kreis-Mediatheken Angebote, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Wir machen also im Kleinen, das was das Fachinformationssystem Bildung im Großen macht. Und ganz nebenbei, aber nicht unwichtig: Die dabei vertraglich festgelegten Vereinbarungen schützen uns bis heute vor unüberlegten Spareingriffen; wir können uns immer auf Verpflichtungen gegenüber unseren Partnern berufen.

Was wünschen Sie dem FIS Bildung-Verbund für die Zukunft?

Dass im Rahmen des DIPF-Arbeitsbereichs „Wissenschaftlichen Literaturversorgungs- und Informationssysteme“ auch weiterhin Projekte bearbeitet werden, die für die Arbeit von kleineren Dokumentationsstellen und Bibliotheken so wichtig sind. Denn die haben weder die Zeit noch die personellen Ressourcen sich dieses Wissen eigenständig anzueignen. Aber das machen die FIS-Kollegen ja auch weiterhin!

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Herr Schöll!


In dieser Reihe auch veröffentlicht:

  • 25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (3): „Die FIS Bildung ist für die Erziehungswissenschaften im deutschsprachigen Raum wirklich unentbehrlich.“ FRAGEN AN Prof. Dr. Hans-Christoph Koller, den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE).
  • 25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (1): „Fachdatenbanken sind unerlässlich für die kritische Beobachtung der eigenen Disziplin.“ INTERVIEW mit Alexander Botte, dem langjährigen Leiter von FIS Bildung.
20Jun/17

„Die FIS Bildung ist für die Erziehungswissenschaften im deutschsprachigen Raum wirklich unentbehrlich.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (2)

Prof. Dr. Hans-Christoph Koller, Vorsitzender der DGfE


FRAGEN AN
Prof. Dr. Hans-Christoph Koller, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE). Wir sprachen mit ihm über die Bedeutung der FIS Bildung Literaturdatenbank für die Erziehungswissenschaft und was sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von dem Fachinformationssystem noch wünschen.

 

Herr Professor Koller, welchen Stellenwert hat die FIS Bildung Literaturdatenbank für Erziehungswissenschaftler/-innen?

Ich kann natürlich nicht für die komplette Disziplin sprechen. Aber für meinen Bereich – Allgemeine Erziehungswissenschaft, Bildungs- und Erziehungsphilosophie, qualitative Bildungsforschung – kann ich schon sagen, dass die FIS Bildung unstrittig die wichtigste Literaturdatenbank darstellt. Auch die Rückmeldungen meiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Vorstand der DGfE zeigen, dass die FIS Bildung Literaturdatenbank für die Erziehungswissenschaft im deutschsprachigen Raum wirklich unentbehrlich ist.

Aus wissenschaftlicher Sicht sind also keine Wünsche offen?

Doch, das schon! Für uns wäre es zum Beispiel wichtig, dass alle für die Erziehungswissenschaft zentralen Zeitschriften, die einem Peer-Review-Verfahren unterliegen, automatisch erfasst werden. Für die wichtigsten, die ZfPäd, die Zeitschrift für Pädagogik, und die Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (ZfE) habe ich stichprobenartig recherchiert und – das gebe ich gerne zu – keinen Artikel vermisst. Einen anderen Hinweis gab es vor einiger Zeit aus der Sozialpädagogik, hier wird die Fachliteratur wohl nicht so vollständig erfasst, wie sich die Kolleginnen und Kollegen das wünschen würden. Aber das ist eher ein strukturelles Problem, weil es sich bei der FIS Bildung Literaturdatenbank um eine Verbundstruktur vieler Partnerinstitutionen handelt, die ihre Literaturnachweise in die zentrale Datenbank einspeisen. Was noch verbessert werden könnte, wäre der Zugang zu online verfügbaren Texten. Bei einigen Nachweisen gibt es zwar Links, nur funktionieren sie nicht immer, oder aber sie führen auf Seiten mit Bezahlschranken (Anm. der Redaktion: Die Nachweise der letzten 10 Erscheinungsjahre verweisen auf 33% der Nachweise auf Volltexte).

Gibt es etwas, das Sie an dem Angebot besonders schätzen?

Dass es bei Sammelwerken Inhaltsverzeichnisse und Abstracts gibt und dass es die Verfügbarkeitsprüfung gibt. Bei Monographien wird mir zum Beispiel immer mit angezeigt, über welche Bibliothek ich sie gegebenenfalls bestellen kann. Das finde ich alles prima! Und was ich auch sehr gut finde: Über die Metasuche des Fachportal Pädagogik kann ich meine Literatursuche auf andere sozialwissenschaftliche Fachdatenbanken ausweiten. Gerade für Themen, die im Übergangsfeld zu den Nachbardisziplinen Soziologie oder Psychologie angesiedelt sind, ist das sehr interessant.

Was wäre, wenn es die FIS Bildung Literaturdatenbank nicht gäbe?

Vor einigen Tagen habe ich mal meine Studierenden gefragt, wie und wo sie nach Fachliteratur recherchieren würden. Zuerst wurde Google Scholar genannt, dann auch noch Beluga, der Katalog der Staats- und Universitätsbibliothek in Hamburg. Auf meine Nachfrage hin stellte sich heraus, dass auch die FIS Bildung Literaturdatenbank nicht nur bekannt ist, sondern auch genutzt wird. Da war ich dann sehr erleichtert (lacht). Also ich würde schon sagen, dass es ein deutlicher Verlust wäre, wenn es FIS Bildung nicht geben würde; die Recherche wäre deutlich erschwert.

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Professor Koller!


Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver


In dieser Reihe auch veröffentlicht:

19Jun/17

„Auf Dauer wird der Mehrwert von Open Educational Resources bei den Lehrkräften ankommen.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

 Open Educational Resources (1)

Burkhart Firgau, Landesbildungsserver Baden-Württemberg und Dr. Margret Groß-Hardt, Landesbildungsserver Rheinland-Pfalz

INTERVIEW. Schon seit ihrer Gründung stellen Landesbildungsserver Lehrerinnen und Lehrern Unterrichtsmaterialien für verschiedene Fächer und Schulformen bereit. So gesehen sind sie eigentlich die natürlichen Partner für Open Educational Resources (OER) – und haben auch gemeinsam mit dem Deutschen Bildungsserver eine Selbstverpflichtung zu OER formuliert. Aber ein paar Hürden gibt es noch. Wir haben das jährliche Redaktionstreffen der Bildungsserver am 18. Mai 2017 in Frankfurt/M. genutzt, um mit Margret Groß-Hardt vom Landesbildungsserver Rheinland-Pfalz und Burkhart Firgau vom Landesbildungsserver Baden-Württemberg zu sprechen – über die Akzeptanz von OER bei Vorgesetzten und Lehrkräften, über rechtliche Widrigkeiten und Lizenzfragen und über noch unausgereiften Technologien.

Frau Groß-Hardt, Herr Firgau, Landesbildungsserver stellen Unterrichtsmaterialien für verschiedene Fächer und Schulformen bereit. Wie viele Materialien kann man auf Ihren Bildungsservern finden?

Margret Groß-Hardt: Der Großteil unseres Materials wird auf der Plattform für Mediendistribution Omega bereitgestellt und ist über eine Schnittstelle in das Angebot des Bildungsservers integriert. Das sind rund 16.000 unterschiedlich komplexe Bausteine – einzelne Arbeitsblätter, Bilder, Filme und konkrete Unterrichtsbeispiele. Die von uns erarbeiteten Materialien machen nur einen Bruchteil aus. Auf dem Bildungsserver werden zusätzlich ca. 14.000 Seiten durch Redakteurinnen und Redakteuren aus dem Pädagogischen Landesinstitut und dem Bildungsministerium gepflegt. Hierbei handelt es sich nicht nur um Unterrichtsmaterial. Es werden vielfältige Informationen, Beratungs- und Fortbildungsangebote zu allen pädagogischen Themen auf unserem Bildungsserver dargestellt. Die Anzahl der reinen Unterrichtsmaterialien ist hier schwer zu schätzen.

Burkhart Firgau: In Baden-Württemberg gibt es drei Instanzen, die Materialien produzieren: Der Lehrerfortbildungsserver, das Landesmedienzentrum und der Landesbildungsserver. Der besteht aus einem Team von 40 Lehrerinnen und Lehrern, die jeweils für ein gewisses Stundendeputat freigestellt sind, um Unterrichtsmaterialien/OER zu erarbeiten. Insgesamt haben wir etwa 60.000 Seiten, das ist aber nicht gleichzusetzen mit der Anzahl der Materialien. Ein Unterrichtsmaterial kann ein kurzer Infotext mit Bild sein, aber auch eine komplette Unterrichtssequenz mit 20 weiteren Unterordnern. Grob geschätzt kommen wir beim Landesbildungsserver auf 10.000 Materialien.

Und wie viele davon kann man als Open Educational Resources bezeichnen?

Burkhart Firgau: Bei uns auf dem Landesbildungsserver ist eigentlich alles OER; sämtliche Materialien können übrigens auch über ELIXIER, dem gemeinsamen Ressourcenpool der Bildungsserver für Lehr-/Lernmaterialien für den Schulunterricht aufgerufen werden. Unser Lehrerfortbildungsserver, der ausschließlich Materialien zur Lehrerfortbildung anbietet, , veröffentlicht inzwischen auch unter CC-BY SA. Nur das Landesmedienzentrum, das sich um die Distribution von Medien kümmert, kämpft sehr mit den Lizenzen und ist noch weit weg davon, OER anbieten zu können.

Margret Groß-Hardt: Wir beteiligen uns ebenfalls an ELIXIER. Einerseits ist ELIXIER eine Quelle für Materialien, die Lehrkräfte über unsere Mediendistributionsplattform OMEGA recherchieren können und andererseits stellen wir unsere Metadaten von Materialien, die bisher noch nicht über ELIXIER erschlossen wurden, auch wieder dort ein. Die vom Pädagogischen Landesinstitut bereitgestellten Unterrichtsmaterialien sind bisher zwar noch keine OER, wir haben jedoch damit begonnen, eine Lizenzempfehlung für die Materialerstellung im Haus zu entwickeln. Mit unserem Projekt OER@RLP im Rahmen der Förderlinie OERinfo haben wir zudem eine bildungsbereichsübergreifende Initiative gestartet, die OER eine stärkere Aufmerksamkeit und Präsenz im Bildungsalltag verleihen soll. Neben der Schule haben wir hier auch die Weiterbildung und die Hochschulen in Rheinland-Pfalz im Blick. Außer uns gibt es noch einen weiteren Landesbildungsserver, der an der Förderlinie OERinfo beteiligt ist: Das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg mit dem Projekt OSM@BB – OER für die schulbezogene Medienbildung.

Nochmal zum Verständnis: Worin unterscheiden sich denn Open Educational Resources von den bisherigen Unterrichtsmaterialien?

Margret Groß-Hardt: Durch die Lizenzen und die Möglichkeit sie weiter zu bearbeiten. Copyright-geschützte Handreichungen mit konkreten Beispielen können im Unterricht nur so genutzt werden wie sie zur Verfügung gestellt wurden; individuelle Anpassungen zum Beispiel auf ein aktuelles Schwerpunktthema sind nicht möglich. Auch wenn ich Material an eine Kollegin oder einen Kollegen weitergebe, befinde ich mich in einer rechtlichen Grauzone. Mit der Vergabe von Lizenzen ist das jetzt kein Problem mehr, die rechtliche Unsicherheit schwindet, zumindest weitgehend. Deshalb kam die Creative Commons-Diskussion für uns genau richtig. Unter den CC-Lizenzen gibt es zwei, drei Varianten, die für Open Educational Resources gut geeignet sind.

Die Frage nach Rechten und Lizenzen scheint untrennbar mit dem Thema OER verbunden zu sein?

Burkhart Firgau: Die Rechtefrage wird dann relevant, wenn diese Materialien weiter publiziert werden. Deshalb müssen wir die Sensibilität bei den Lehrkräften wecken, ihr Material mit einer CC-Lizenz zu versehen und versuchen, ihre Haltung zu ändern. Wir haben mal einen Moodle-Kurs erstellt, den Lehrkräfte in ihre eigenen Kurse integrieren können. Auf Wunsch haben  wir das Ganze noch einmal größer angelegt, mit dem Ergebnis, dass Bilder wieder einfach aus Schulbüchern oder aus anderen Kontexten hochgeladen wurden, ohne dass Quellen- oder Rechteangaben dokumentiert oder geprüft worden wären. Als wir dann aber im Rahmen eines Wettbewerbs Moodle-Kurse nach festen Kriterien erarbeiten ließen  konnten wir 10 bis 15 mit einer cc-Lizenz versehenen Kurse auf einer Moodle-Plattform bereitstellen. Man muss den richtigen Dreh finden, das ist nicht ganz einfach.

Stellen eigentlich viele Lehrkräfte ihr eigenes Unterrichtsmaterial in die Bildungsserver ein?

Burkhart Firgau: Das ist eher die Ausnahme als die Regel. Es zeigt sich leider immer wieder, dass Lehrer Einzelkämpfer sind und auch so ausgebildet werden. Manche haben auch Sorge, sich der Kritik der Kollegen auszusetzen. Die Kultur des Teilens ist einfach noch nicht sehr stark ausgeprägt, das muss stärker gefördert werden.

Margret Groß-Hardt: Neben den Bildungsservern gibt es ja auch noch viele andere, meist fachspezifisch ausgerichtete Portale, die auch OER oder Unterrichtsmaterialien bereitstellen. Im Geschichtsbereich ist dafür die Lernplattform für offenen Geschichtsunterricht „segu“ ein Beispiel, oder das Chemiewiki. Engagierte Fachlehrer stellen ihr Material dort ein – oder bei Portalen wie Lehrerfreund, die für eine Veröffentlichung Honorare zahlen. Aktuell bieten wir unseren Lehrkräften noch keine Möglichkeit, ihren „Content“ bei uns einzustellen. Wir sind aber dabei, dies zu ändern und werden künftig ein Repository anbieten, auf welchem Materialien abgelegt und geteilt werden können.

Inwieweit unterstützen eigentlich die Schulverwaltungen Open Educational Resources?

Margret Groß-Hardt: Die Aufmerksamkeit dafür, Unterrichtsmaterialien so zu erstellen, dass sie in den Schulen auch genutzt und weiterbearbeitet werden können – also mit offenen Lizenzen zu arbeiten – ist bei uns im Haus und auch im Ministerium da. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob die Möglichkeiten von OER auch in den Aufsichts- und Dienstleistungsdirektionen (ADD) gesehen werden. Mit unserem Projekt OER@RLP wollen wir deshalb auch an diese herantreten, dort und im Ministerium sind bspw. die regionalen Fachberater für die Schulen verortet. Seitens des Ministeriums wird das Thema OER grundsätzlich unterstützt. Damit Lehrkräfte jedoch aktiv OER-Material erstellen, veröffentlichen und teilen, wünsche ich mir, dass auch über Anreizsysteme diskutiert wird.

Burkhart Firgau: Beim Landesbildungsserver Baden-Württemberg publizieren wir ja offiziell OER, also mit ordentlichen Lizenzen versehene Materialien. Die Schulverwaltungen tragen das aber nicht weiter, oft wissen sie gar nicht, was das ist. Das betrifft weniger das Landesinstitut für Schulentwicklung oder das Kultusministerium als das Regierungspräsidium oder die staatlichen Schulämter. Bei denen ist das Thema noch nicht wirklich angekommen.

Angesichts der vielen Anforderungen an Lehrkräfte – haben die überhaupt noch Zeit und Lust sich mit den Möglichkeiten der digitalen Unterrichtsgestaltung auseinanderzusetzen?

Margret Groß-Hardt: Sie müssen! Das Thema Digitalisierung wird in der Schule und im Unterricht einiges ändern. Sicherlich ist das ein Prozess, aber ich gehe davon aus, dass der Mehrwert und die Möglichkeit bei den Lehrkräften ankommen. Und wenn man sieht, dass man von Materialien der Kollegen profitieren kann, ist man eher bereit, sein eigenes Material zu teilen – bewährtes Material, das im eigenen Unterricht schon länger eingesetzt wird und das man vielleicht schon mit Kollegen geteilt hat.

Burkhart Firgau: Das sehe ich genauso. Jetzt braucht es erst mal die Infrastruktur, wie zum Beispiel die diversen Bildungsclouds, die in den Ländern konzeptionell Form annehmen. Sobald es dann eine gut funktionierende Plattform gibt, wird deutlich werden, wie das Material der Anderen die eigene Arbeit erleichtert. Dann ist auch die Hürde, das eigene Material zur Verfügung zu stellen, nicht mehr so groß. Und natürlich muss das auch von der Bildungsadministration gewollt sein, sie muss Lehrkräften eine unterstützende Umgebung anbieten.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Groß-Hardt, lieber Herr Firgau!


Auch zu empfehlen

Praktische Infos und Tipps zu OER hier:

19Jun/17

„Fachdatenbanken sind unerlässlich für die kritische Beobachtung der eigenen Disziplin.“

Quelle: bildungsserver Blog Autor: Schumann

 25 Jahre FIS Bildung Literaturdatenbank (1)

Alexander Botte, langjähriger Leiter der FIS Bildung Literaturdatenbank


INTERVIEW
Alexander Botte kann man getrost als „Vater“ des Fachinformationssystems Bildung, kurz FIS Bildung bezeichnen. Er leitete schon den Modellversuch FIS Bildung ab Januar 1992, bevor die Koordinierungsstelle FIS Bildung 1997 zur Daueraufgabe des DIPF wurde. Seit 2005 ist die Datenbank zentraler Bestandteil des Fachportals Pädagogik. Das Fachportal Pädagogik ist der kostenfreie und zentrale Einstieg in die wissenschaftliche Fachinformation – Literaturdatenbanken, Forschungsdatenquellen und umfassende Informationssammlungen – für Bildungsforschung, Erziehungswissenschaft und pädagogische Praxis.

 

 

 

Herr Botte, die FIS Bildung Literaturdatenbank kann man als Herz des Fachportals Pädagogik bezeichnen, oder?

Ja, das kann man wirklich so sagen. Und das aus verschiedenen Gründen: Die FIS Bildung ist schon bedeutend älter als das Fachportal Pädagogik und bildete den Kern, um den herum dann die ergänzenden Angebote des Fachportals Pädagogik entwickelt wurden. Wenn es um die Beschaffung von Literatur oder um vertiefende Begleitinformationen zu einem relevanten Titel geht, übernimmt heute die FIS Bildung eine zentrale Verteilungsfunktion für die anderen Angebote. Normalerweise beginnt der Nutzer mit einer Recherche in FIS, um dann über die Trefferliste immer wieder mal auf pedocs, den Fachinformationsdienst (FID) – und künftig auch auf Forschungsdaten – verwiesen zu werden. Das zeigen auch die Nutzungszahlen: Lange Zeit entfielen 90% der Fachportal-Nutzerinnen und Nutzer auf die FIS Bildung. Als 2008 dann der Dokumentenserver „pedocs“ hinzukam, hatte er zwar die größeren Steigerungsraten in der Nutzung – weil er proportional gesehen auch größere Steigerungszahlen bei der Anzahl der nachgewiesenen Volltexte aufweist – aber mit zurzeit fast eine Mio. Literaturnachweisen und ca. 20.000 Neuzugängen pro Jahr liegt die FIS Bildung Literaturdatenbank schon rein quantitativ uneinholbar voraus. Sie gehört zu den größten sozialwissenschaftlichen Publikationsdatenbanken im deutschen Sprachraum.

 Was ist das Charakteristische an der FIS Bildung?

Ohne Zweifel die große Anzahl der fachspezifischen Partner, die der Datenbank Literaturnachweise zu liefern. Die Größe unseres Verbunds mit seinen 25 bis 30 Partnern dürfte einmalig sein. Und wir sind stolz darauf, dass dieser Partnerverbund auch nach über 25 Jahren so lebendig und effizient ist. Natürlich gab es Fluktuation, zum Beispiel wenn unsere Partnereinrichtungen – übrigens durchweg öffentlich-rechtliche Institutionen – aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ihre dokumentarische oder auch ihre gesamte Tätigkeit einstellen mussten. Aber es ist uns immer wieder gelungen, neue Partner hinzu zu gewinnen oder die Aufgaben neu zu verteilen. In jüngster Zeit haben wir auch öfter mal „outgesourct“, also Aufträge an kommerzielle Dienstleister vergeben, um Lücken wieder zu schließen. Eine Möglichkeit übrigens, die uns erst durch die Förderung im Rahmen des Fachportals Pädagogik eröffnet wurde.

Es sind also die Partnereinrichtungen, die die Literatur erschließen und sie an die FIS Bildung liefern?

Zentrale Themen des FIS Bildung Literaturdatenbank

Ja, die verteilte Erschließung hat den großen Vorteil, dass die Fachliteratur eng am Bedarf der Community ausgewählt wird, also aus der Sicht der Klientel der Partnereinrichtungen in Schulbildung, Weiterbildung, Beruflicher Bildung oder auch pädagogischer Psychologie. Eine zentrale Stelle könnte das für all die verzweigten Teilbereiche der Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung gar nicht mit der gleichen Kompetenz bewerkstelligen. Die Datenbank hat ja den Anspruch, alle Bildungsbereiche zu bedienen und dabei auch praxisnahe Publikationen von akademischer Relevanz einzubeziehen. Es ist bestimmt auch diese subdisziplinäre Expertise, die die überwiegend aus dem akademischen Bereich stammenden Nutzer so sehr an der FIS Bildung Literaturdatenbank schätzen.

Ist eine Publikationsdatenbank heute noch zeitgemäß?

Im Gegensatz zu Google-Scholar, das sehr schnell ganz aktuelle Literatur nachweisen kann, basieren unsere Prozesse auf der verteilten intellektuellen Erschließung und sind dadurch naturgemäß langsamer. Dennoch wählen viele Nutzer für die thematische Suche unsere Fachdatenbank, einfach weil sie die fachlich relevante Literatur präziser in den Vordergrund stellt. Allerdings nutzen die meisten ohnehin kein Google-Scholar, sondern „googeln“ einfach, und da fällt bei einer thematischen Suche jedem sehr schnell auf, wo er oder sie fachlich einschlägige Literatur in zeitlich sortierter Reihenfolge schneller finden kann. Man darf auch nicht übersehen, dass Google als Wirtschaftsunternehmen die Reihenfolge der Trefferanzeigen und die Auswahl von Literaturnachweisen auf Basis von kommerziellen Entscheidungen gestaltet.

Die FIS Bildung steht also außerhalb der Konkurrenz und wird gut genutzt?

Literaturdatenbanken werden für die Nutzung erstellt und solange die nicht nachlässt, rechtfertigt der Bedarf ihre Existenz. Hinzu kommt aber noch die zentrale Bedeutung von Publikationen für die akademische Welt. Forschung und Lehre fokussieren weiterhin ihre Ergebnisse in Publikationen, ob gedruckt oder digital. Sie sind Dreh- und Angelpunkt für die Verbreitung und für die Rezeption von Forschungsergebnissen und –daten; sie bieten jedem Fach einen Spiegel seiner Produktivität und sind die besten Datenquellen für eine Beobachtung der Entwicklung einer Disziplin. Zum Beispiel wäre der von uns (DIPF) maßgeblich mitverantwortete Review Bildungsforschung in Deutschland ohne die FIS Bildung Literaturdatenbank so nicht möglich gewesen. Das gilt auch für zentrale Kapitel der alle vier Jahre erscheinenden Reihe Datenreport Erziehungswissenschaft. Insofern haben Fachdatenbanken auch eine wichtige Funktion für die Selbstdarstellung und natürlich auch für die kritische Beobachtung der einzelnen Disziplinen.

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Herr Botte!


Dieser Text steht unter der CC BY 4.0-Lizenz. Der Name des Urhebers soll bei einer Weiterverwendung wie folgt genannt werden: Christine Schumann für Deutscher Bildungsserver